{block name=title}Goldgelb, nur mit einem kleinen grünen Kopf und weltbekannt: die Lobberichern Moehre{/block} {block name=meta}{/block} {block name=description}Ein bericht der Grenzland-Nachrichten 1988{/block} {block name=keywords}Moehre, Mohrruebe{/block} {block name=banner}{/block} {block name=body}

Goldgelb, nur mit einem kleinen grünen Kopf und weltbekannt: die "Lobbericher"

Möhrensorte mit diesem Namen wird im Dyck wieder angebaut - Ideale Futterpflanze

Donnerstag, 03. November 1988

LOBBERICH. In diesen Tagen wird sie auf den Feldern ausgegraben. "Ausgegraben aus der Erinnerung" hat sie auch Günter Nonninger. Gemeint ist die "Lobbericher Möhre."

Von Wurzeln, auch Möhren genannt, zwischen Nette und Rhein ist schon lange die Rede. Es gab diese merkwürdigen Gewächse vermutlich schon immer. Vor 2000 Jahren schienen sie schon so beliebt gewesen zu sein, daß der römische Kaiser Tiberius sie jeweils zur Erntezeit per Kurier an den Hof bringen ließ. Berichtet wird dies vom römischen Schriftsteller Plinius. Auch die karolinische Höfeordnung beschreibt den Anbau von Mohrrüben.

Da gab es im Tal der Nette, also im Raum Bracht, Kaldenkirchen Breyell/Schaag, Lobberich, Hinsbeck und Leuth ein goldgelbes, tief in den Boden wachsendes Wurzelgewächs, das von den Bauern von Jahr zu Jahr weiter angepflanzt wurde. Der anfallende Samen wurde von Breyeller Kiependreägern aufgekauft und auf ihren weiten Gängen über Land im großen Umfang verkauft.

Einige Kilometer weiter östlich gibt es auch heute noch eine andere Sorte, ebenfalls gelb, lang und stumpf mit einem ausgeprägten grünen Kopf, der etwa zu einem Viertel aus dem Boden wuchs: Die "Söötelsche Muure", also die Süchtelner Möhre. Auch gab es noch weiter zum Rhein hin große Wurzeln, die zu zwei Drittel über dem Boden wuchsen und einen "grünen Fuß" und ein "weißes Oberteil" hatten, die sogenannte Lanker Rübe. Heute hat sich der Futterpflanzenvermehrungsanbau dieser Sorte angenommen. Sie ist hier unter der Bezeichnung "Rheinische Länker" aus dem Futteranbau der Landwirtschaft in weiten Gebieten Europas nicht wegzudenken. All diese Möhren dienten zu Speisen- und Futterzwecken. Aus ihrem Saft gewann man Möhren- und Rübenkraut in den sogenannten "Krutpaarschen."

Die "Süchtelner Möhren", so in Vorkriegsunterlagen noch bezeichnet, werden heute als rheinische gelbe Möhren gehandelt. Die Bezeichnung der Herkunft aus dem Raum Süchteln ging verloren. Die "Lobbericher Möhren" haben dagegen den Namen "Lobberich" um die Welt getragen; sie sind heute noch in fast jedem Samenkatalog als "Lobbericher Möhre" zu finden.

Die Samenzucht ist vor rund 100 Jahren aus dem Grenzland abgewandert. Sie erfolgte im Raum Erfurt, wo man die Idealtypen aussuchte. Nach einer Schablone wurde in Herkunftsgebieten eine Pflanze jeweils mit den idealen Formen ausgesucht. Da die Anlieferung stets vom Lobbericher Bahnhof erfolgte, gaben die Züchter der namenlosen gelben Möhre die Bezeichnung "Lobbericher Möhre". Seitdem ist sie in vielen Samenkatalogen der Welt zu finden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es still um diese Möhre. Die Lobbericher Bürger vergaßen weitgehend, daß es eine derartige Pflanze gab.

Vor wenigen Wochen kam ein Kegelclub aus Remscheid nach Nettetal-Leuth, dazu gehörte auch eine Bauernfamilie aus der Provinz Posen (heute Polen). Sie erkundigte sich nach dieser Möhre, mit der sie so große Erfolge hatte, und zwar enttäuscht, daß es im "1000jährigen Lobberich" keinen gab, der die Lobbericher Möhre kannte. Der Zufall wollte es, daß sie bei dem Leuther Günter Nonninger, ehemals Samenhändler in Lobberich, nach Fahrrädern fragten. Nonninger erinnerte sich an die Bestellungen aus dem Ausland vor etwa drei Jahrzehnten; damals kam die weiteste Bestellung aus Argentinien.


"Lobbericher Möhren" werden in Lobberich
auch noch geerntet: in Dyck sortiert
hier Margret Kaffil am Band. Foto: Sieme

In Lobberich ist jetzt wieder in größerem Umfang diese Möhre angebaut worden. Der Landwirt Kaffil in Lobberich-Dyck, ist begeistert von der Qualität, dem Ertragsreichtum und der Robustheit dieser Möhre.

Möhre wich Runkelrüben

Die Möhren wurden früher als vorzügliches Milchfutter sehr geschätzt, sind aber zu Gunsten der Rüben nachher stark eingeschränkt worden. Der Grund des Rückganges ihrer Anbaufläche liegt darin, daß der Möhrenanbau wegen der Schwierigkeit der Unkrautvertilgung im Vergleich zu seinem Ertrag und verglichen mit der Wirtschaftlichkeit des Arbeitsaufwandes beim Zuckerrüben- und Runkelrübenanbau sehr hohe Arbeitsansprüche stellt. Auch die ehemals berühmte Lobbericher Möhre wurde durch die Ausdehnung des Runkelrübenanbaus stark zurückgedrängt.

Aus "Scholle und Strom", einem "Rheinischen Agrargeschichtlichen Wortschatz" von Dr. E.G. Zitzen (Bonn) aus dem Jahre 1957; der Verfasser stammt aus Lobberich.


Günter Nonninger und weitere Berichte von ihm

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